Die IAA und ihre Sektionen verteidigen

Das Sekretariat der Internationalen Arbeiter*innen-Assoziation (IAA) hat am 02.03.2021 folgende Erklärung veröffentlicht:

Das Internationale Sekretariat der IAA möchte hiermit öffentlich eine Reihe von Angriffen verurteilen, welche ihre Sektionen in verschiedenen Teilen der Welt seit Jahren erleiden müssen. Wieder einmal sind wir gezwungen unsere internationale Organisation gegen solche Aggressionen zu verteidigen.

In defense of the IWA - a federation since 1922

Es ist schwer zu sagen, wann diese Angriffe begonnen haben, aber wir wagen zu behaupten, dass es 2016 war. Damals waren die spanische CNT und die italienische USI noch IAA-Sektionen haben Stellungnahmen über die Notwendigkeit zu einem „Neubeginn“ der IAA veröffentlicht. Diese Sektionen hatten auf mehreren IAA-Kongressen eine Reihe von Anträgen gestellt, die abgelehnt wurden. Sie schlugen vor, dass einige wenige Sektionen die Mehrheit der Stimmen in der IAA übertragen bekommen sollte, wobei die spanische CNT vorherrschend würde. Und der Zugang zur IAA sollte ausschließlich „großen“ Organisationen vorbehalten sein.

Die vorgeschlagenen Änderungen zur Abstimmung waren gezielt darauf ausgerichtet, um sicherzustellen, dass die drei Sektionen, welche den „Neubeginn“ der IAA herbeiführen wollten, die Organisation kontrollieren könnten. Damit hätte der „Neubeginn“ der IAA nur mit den Stimmen dieser drei größeren Sektionen beschlossen werden können, ohne die Meinungen der Mehrheit der Sektionen zu berücksichtigen. Dabei handelte es sich um die spanische CNT, die italienische USI und die deutsche FAU.

Die USI in Italien war seit Jahren umstritten, weil sie sich an Betriebsratswahlen beteiligt, die in Italien RSU heißen. Offensichtlich handelt es sich dabei um einen Verstoß gegen den Grundsatz der direkten Aktion als Kampfmethode der Arbeiter*klasse. Die USI akzeptierte also die Delegation des Kampfes an Betreibsräte, vertikale Körperschaften und Vermittler*innen, welche den Konflikt zwischen Arbeiter*innen und Chefs verwässern und ausbremsen. Sie helfen dabei, die Möglichkeit der Arbeiter*innen selbst zu entscheiden und für sich zu kämpfen stattdessen in die Hände einer Betriebsbürokratie zu legen, welche vom Staat und den Arbeitgeber*verbänden unterstützt wurde bzw. wird.

Die FAU hingegen war jahrelang nicht bereit gewesen, die Beschlüsse der IAA zu internationalen Kontakten zu respektieren. Hinter dem Rücken anderer Sektionen hat sie Gewerkschaften unterstützt, welche eindeutig gegen den Anarchosyndikalismus gerichtet sind. Es handelte sich dabei um Organisationen mit vertikalen inneren Strukturen, welche mit politischen Parteien verbunden waren und staatliche Fördergelder bekommen haben. Schließlich hat die FAU sogar Gewerkschaften unterstützt, die offen gegen einige IAA-Sektionen vorgegangen sind.

Innerhalb der CNT in Spanien war zu dieser Zeit eine Fraktion entstanden, welche die interne Vorgehensweise von den anarchistischen Grundsätzen abbringen wollte. Auf dem Landeskongress der spanischen CNT in Cordoba 2010 gelang es dieser Fraktion, die Komitees mit erheblicher Macht auszustatten. Die Folge davon war die Umwandlung einer horizontalen, gleichberechtigten Organisation in eine mit tief verankerter, autoritärer Führung. Das Verschwinden der internen Horizontalität löste eine Reihe massiver Säuberungen aus, welche dutzende lokale Gewerkschaften betraf, die gegen den neuen autoritären Kurs protestierten oder daran Kritik äußerten [siehe https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2021/03/14/cnt-iaa-trotz-win....

Jene, die wagten den absoluten Mangel an Transparenz bei der Finanzierung der Komitees zu kritisieren, wurden ausgeschlossen. Und dieses Fehlen von Transparenz führte dann zu weiteren Unterschlagungen, für die bisher kein Sekretariat zur Verantwortung gezogen wurde. Alle, die in der Organisation gegen die Einführung von bezahlten Funktionär*innen und die Annäherung an politische Parteien protestierten, wurden ebenfalls ausgeschlossen. Die Türen der Komitees wurden stattdessen geöffnet für Berufspolitiker*innen und sogar Arbeitgeber*innen. All dies ermöglichte einen Abkehr vom Anarchosyndikalismus und von anarchistischen Wertvorstellungen hin zu einem neutralen, reformistischen und sozialdemokratischen Syndikalismus. Und dieser Wandel führte letztlich zur heutigen CNT-CIT.

Denn nachdem alle ihre Anträge von der IAA abgelehnt worden waren, beschlossen diese drei Sektionen eine Spaltung der Internationale voranzutreiben. Doch diese Abspaltung war noch nicht mal von den Mitgliedern innerhalb dieser Sektionen diskutiert worden. Daraufhin riefen die spanische CNT, die USI und die FAU zu einer internationalen Konferenz auf, die schließlich im spanischen Barakaldo stattfand, um die Abspaltung von der IAA zu planen. Anstatt es einen Versuch zu Spaltung der IAA zu nennen, hieß diese nun „Konferenz für einen Neubeginn der IAA“. Solch ein „Neustart“ war jedoch niemals auf einem der offiziellen Kongresse der Internationale beschlossen oder auch nur diskutiert worden.
Internationale Arbeiter*innen-assoziation (mehrsprachig)Zu diesem Zeitpunkt veröffentlichte das IAA-Sekretariat eine Erklärung mit dem Titel „Missverständnisse über die Spaltungskonferenz“ [siehe https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2016/10/01/iaa-missverstaend.... In dieser Stellungnahme wurde klargestellt, dass jene Konferenz entgegen der Statuten und Beschlüsse von IAA-Kongressen stattfand. Diese Konferenz wurde also nicht von der IAA oder auf Grundlage einer ihrer internationalen Vereinbarungen durchgeführt.

An dieser Konferenz nahmen teil: USI, FAU, IP (Polen), ESE (Griechenland), die spanische CNT, die französische CNT, FORA (Argentinien) und Rocinante (Griechenland). Die IWW aus den USA, GB und Deutschland waren als Beobachter*innen dabei. Es wuren jedoch nicht die vollberechtigten Mitglieder der IAA eingeladen, sondern andere Organisationen, welche ihr nicht angehören, womit beabsichtigt wurde, diese an der Abspaltung teilnehmen zu lassen. Sie haben also einen „Neubeginn“ der IAA hinter dem Rücken der IAA veranstaltet.

Jedoch hatten nicht alle auf der Konferenz anwesenden Delegationen überhaupt ein Mandat dieser neuen Internationale beizutreten. Eigentlich haben sich nur vier Sektionen, die jemals IAA-Mitglieder waren, der Spaltungsfraktion angeschlossen: die spanische CNT, die USI, die FAU und die FORA. Alle anderen Sektionen der IAA sind ihren Prinzipien treu geblieben und haben ihrer Verpflichtung entsprechend weiterhin Beiträge an die IAA gezahlt.

Nachdem dort also vollendete Tatsachen geschaffen worden waren, beschloss der IAA-Kongress in Warschau die Mitgliedschaft der spanischen CNT, der USI und der FAU zu beenden, da sie die Horizontalität der Entscheidungsfindung in der IAA, sowie ihrer Statuten und die Beitragszahlung nicht respektiert hatten [siehe https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2016/12/25/bericht-vom-26-ia....

All diese Versuche des Nationalen Komitees der spanischen CNT in geheimen Absprachen mit USI und FAU, die IAA zu spalten und zu zerstören, waren nichts als ein Angriff auf die Prinzipien, Taktiken und Ziele der IAA und des Anarchosyndikalismus.

Es war offensichtlich, dass diese drei Sektionen gegen die IAA vorgegangen sind und dies vielmals hinter dem Rücken ihrer eigenen Mitglieder getan haben. Dies war eindeutig der Fall in der spanischen CNT als das Nationale Komitee einseitig beschlossen hat die Beitragzahlungen an die IAA einzustellen. Die Basismitglieder haben zwar weiterhin ihre vollen Beiträge bezahlt, aber das Nationale Komitee hat einen Teil dieser Gelder einbehalten, anstatt sie an die IAA zu überweisen. Und das alles, ohne dass es einen Beschluss der Organisation dazu gegeben hätte.

Nachdem sie es nicht geschafft hatten einen Konsens zwischen den Sektionen zu schaffen, verfolgten sie eine klare Strategie: Einen Ausschluss aus der IAA zu erzwingen, indem absichtlich keine Beiträge mehr gezahlt werden, und gleichzeitig eine neue Parallel-Internationale aufzubauen. Kurz nach ihrem Ausschluss hat sich diese Spaltungsfraktion dann einen neuen Namen gegeben: „International Labour Confederation ILC / Confederación Internacional del Trabajo CIT“. Und ihre Mitglieder sind: IWW-USA, IWW-Canada, FORA (Argentinien), ESE (Griechenland), CNT-CIT (Spanien), FAU (Deutschland), USI (Italien) und IP (Polen).

Doch die spanische CNT, die damit geprahlt hatte, dass es unter ihren Mitgliedern einen internen Konsens über die Abspaltung gäbe, war nicht in der Lage die wahre Situation zu verbergen. Dutzende lokale Syndikate sind entgegen der Statuten und Vereinbarungen ausgeschlossen worden, andere haben die Organisation bewusst verlassen, wiederum andere blieben dabei, waren aber weiterhin nicht einverstanden mit dem Vorgehen. Diese reformistische Abkehr vom Anarchosyndikalismus hatte zur Folge, dass über 30 lokale Syndikate im ganzen Land die spanische CNT verlassen haben.

IAA-Mitglieder und Freund*innen (2020)
Der reformistische Prozess und der Ausschluss aus der IAA brachten eine bedeutende Menge der vertriebenen und fälschlicherweise ausgeschlossenen Lokalgewerkschaften dazu, ihre alten föderalen Verbindungen neu zu festigen, um sich wieder zusammenzuschließen und die IAA um Neuaufnahme anzufragen. Auf dem Außerordentlichen IAA-Kongress in Belgrad 2017 wurde diese CNT-IAA als Fortführung der Internationalen Arbeiter*innen-Assoziation in der Region Spanien anerkannt [siehe https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2017/11/19/iaa-bericht-vom-b....

Doch die Angriffe derer, welche die IAA „neustarten“ wollten, hörten nach Beendigung ihrer Mitgliedschaft nicht auf. Die Versuche der CNT-CIT die IAA in Spanien zu schikanieren und zu zerstören wurden 2018 nicht beendet, sondern sogar noch verstärkt und ausgeweitet. In jenem Jahr reichte die CNT-CIT eine gerichtliche Klage gegen sieben lokale Syndikate ein, da diese „ihre“ Abkürzung CNT und „ihr“ Logo benutzen. Zu dieser Zeit forderte die CNT-CIT von ihnen 350.007 Euro Wiedergutmachung für den immateriellen Schaden und wegen Verwendung der Abkürzung CNT. Letztlich wurden diese Forderungen jedoch von den Gerichten abgelehnt, weshalb die CNT-CIT ihren Versuch, die spanische CNT-IAA auf gerichtlichem Weg anzugreifen, vorerst aufgeben musste.

Kurz darauf wurden die Angriffe der CNT-CIT aber fortgesetzt durch einen hinterhältigen Ausschluss der Lokalföderation Madrid, einen Überfall auf deren Räumlichkeiten und eine Anzeige gegen die aktiven Anarchosyndikalist*innen in der Hauptstadt [siehe https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2018/11/09/madrid-stellungna.... Auch diese Aggressionen wurden damals vom IAA-Sekretariat öffentlich verurteilt, welches sich mit diesen Genoss*innen solidarisch zeigte.

Mitte 2020 rief die CNT-CIT abermals den Rechtsstaat zu Hilfe, um gegen die CNT-IAA vorzugehen, indem sie 19 lokale Syndikate vor dem Nationalen Gerichtshof (Audiencia Nacional) verklagte. Dieser Vorfall ist besonders symbolträchtig, da dieses Gericht die Nachfolge des „Tribunals für Öffentliche Ordnung“ (Tribunal de Orden Público) ist, welches von der faschistischen Diktatur gezielt dazu eingerichtet worden war, um Anarchist*innen und andere Antifaschist*innen zu verfolgen. Diesmal fordert die CNT-CIT Entschädigungen in Höhe von 950.019 Euro, da die angeklagten Gewerkschaften weiterhin die Abkürzung CNT-IAA benutzen.

Die ILC-CIT versucht sich als eine kämpferische und sogar antikapitalistische Organisation darzustellen, um sich von ihrer Konkurrenz abzugrenzen und ihre „Gewerkschaftsdienste“ als Produkt an die unzufriedene Arbeiter*klasse verkaufen zu können. Doch ihr Vorgehen ist genau dasselbe, wie jene der großen Gewerkschaftsbürokratien, die von Staat und Kapital ihre Fördergelder erhalten, was ihren Verrat und ihre Unterwerfung unter das System leicht erkennbar werden lässt.

Immer wieder kommt es vor, dass eine Arbeiter*organisation oder deren Abspaltung, welche in Vergangenheit mal revolutionär gewesen ist, sich in das kapitalistische System nahtlos eingliedert. Tatsächlich wird es jederzeit solche Organisationen geben, die bereit sind, ein Gewerkschaftsmodell anzubieten, das letztlich dem Kapitalismus dient: freigestellte Gewerkschaftsbosse, starke Führungspersönlichkeiten, Autoritarismus, Delegation des Arbeiter*kampfes an professionelle Räte oder Komitees, Beschränkung des Kampfes auf Gerichtsverfahren und die Ausgrenzung aller revolutionären oder gesellschaftsverändernden Inhalte aus ihrer Organisation. Also ein Gewerkschaftsmodell, das leicht in einen Sumpf aus Korruption und Autorität führt.

Organize (IWA-AIT)
Im Gegensatz dazu wurde die IAA nicht gegründet, um mehr oder weniger revolutionäre oder kapitalistische Parolen zu vermarkten. Sie wurde gegründet, um die Ideen der Emanzipation in der Arbeiter*klasse zu verbreiten. Nur durch das Verbreiten von Solidarität und revolutionärem Bewusstsein bei den Unterdrückten werden wir in der Lage sein, den Kampf gegen das heutige Unrecht der Vorgesetzten in einen Kampf für eine künftige Gesellschaft ohne Vorgesetzte zu verwandeln. Das mag einige Zeit dauern, aber es gibt keine Art von Abkürzung. Nur durch die Verbreitung revolutionärer Ideen und deren praktischer Anwendung können wir einen revolutionären Wandel in der Gesellschaft voranbringen.

Doch nicht nur die spanische CNT-IAA wurde angegriffen, auch andere IAA-Sektionen wurden von lokalen Organisationen, wie der IWW Melbourne (Australien), angegangen. Diese Ortsgruppe der IWW attackierte mit Zustimmung der IWW aus USA, Kanada und Australien unsere dortigen Genoss*innen der ASF-IAA, sowie den Melbourne Anarchist Club. Der Konflikt begann damit, dass die IWW Melbourne das Eigentum an den Räumlichkeiten des anarchistischen Treffpunkts samt der Einrichtung geltend machte. Am Ende verklagten sie den Club vor Gericht und veröffentlichten eine Liste der Namen von 22 Mitglieder, was diese gegenüber der Polizei und den faschistischen Gruppen Australiens bloßstellte.

Der Fall des Melbourne Anarchist Club und derjenige der spanischen CNT-IAA haben etwas gemeinsam: Die ILC-CIT greift uns an und arbeitet dabei mit dem Staat zusammen, damit er uns fertigmachen kann.

Der Anarchosyndikalismus ist nicht mehr so stark, wie er vor einem Jahrhundert in einigen Regionen noch war. Obwohl er sich momentan in Regionen im Wachstum befindet, wo er nie zuvor in Erscheinung getreten war. Und das zeigt sich auch an den neuen Beitritten zur IAA während des internationalen Kongresses in Melbourne im Dezember 2019 [siehe https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2020/01/19/anarchosyndikalis....

Doch besonders in Europa befindet sich der Anarchosyndikalismus in einer schwierigen Lage, die durch mehrere Gründe erklärt werden kann. Darunter natürlich die körperliche Vernichtung einer ganzen Generation anarchosyndikalistischer Kämpfer*innen durch totalitäre Regime aller Art, darunter die fälschlicherweise als „sozialistisch“ bezeichneten Herrschaftssysteme.

Die schweren Umstände liegen aber auch begründet in der Verbreitung der Konsumgesellschaft und in der Tatsache, dass die revolutionären Vorstellungen in der Arbeiter*klasse kaum noch verbreitet sind. Einige werden einwenden, dass der Grund dafür unsere Prinzipien sind und wir diese daher ablegen sollten, wenn wir uns den modernen Zeiten anpassen wollten. Doch die Abkehr von Grundsätzen und das Aufgeben des revolutionären Kampfes führt bloß zu einer Einbindung der Arbeiter*organisationen in den kapitalistischen Markt.

Letztlich steht hinter all diesen Angriffen der ILC-CIT ein klares Ziel: Nach ihrer Vorstellung darf es keine anarchosyndikalistische Organisation mehr geben, welche aufgrund ihrer Ideen, Praktiken und Kampferfahrungen sie in den Schatten stellen könnte.

Das IAA-Sekretariat stellt sich gegen all jene Angriffe und verurteilt diese öffentlich, damit alle revolutionären Arbeiter*organisationen auf der ganzen Welt davon erfahren können. Damit sie nicht länger tatenlos zusehen, sondern sich ein eigenes Bild davon machen, was der wahre Charakter dieser Organisationen ist, welche trotz ihrer langen Tradition nun als erklärte Feinde der Arbeiter*klasse anzusehen sind.

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